Montag, 23. Februar 2009

Schonfrist für den Folterer der Roten Khmer

Nach zwei Verhandlungstagen wird der Prozess gegen den Direktor eines kambodschanischen Foltergefängnisses im März fortgesetzt. Ihm droht lebenslange Haft.

Der 66-jährige Angeklagte Kaing Guek Eav alias Duch wird beschuldigt, persönlich für mindestens 12 380 Todesurteile verantwortlich zu sein. Er war unter dem Regime der Roten Khmer in Kambodscha zwischen 1975 und 1979 Leiter des Foltergefängnisses Tuol Sleng, berüchtigt als „S 21“. Duch ist unter anderem wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit angeklagt.

Dass der Prozess vertagt wird, gab das Völkermord-Tribunal in Kambodscha am Mittwoch bekannt. Dann wird die erste öffentliche Vernehmung des Angeklagten erwartet. Der Verteidiger hat schon angekündigt, dass sein reuiger Mandant aussagen wolle. Die Höchststrafe – lebenslang – gilt Prozessbeobachtern schon jetzt als sicher.

Das Regime der Roten Khmer fiel nach drei Jahren, acht Monaten und 20 Tagen im Januar 1979. Duch versteckte sich 20 Jahre und stellte sich, nachdem Journalisten ihn aufgespürt hatten. Angeklagt sind auch vier betagte Vertreter der damaligen Führungsriege. Der Prozess gegen sie beginnt erst im nächsten Jahr.

An Gitter gekettete Leichen

Die Verhandlung war auch am zweiten Tag mit juristischen Anträgen und Justizjargon für Beobachter verwirrend. „Ich habe jetzt zwei Tage zugehört, aber ich verstehe das Prozedere nicht“, sagte Vann Nath, den Duch in Tuol Sleng nur überleben ließ, weil er schöne Ölbilder von Regimechef Pol Pot malen konnte. „Aber wir haben jetzt so lange gewartet, dass wir auch weiter warten und zusehen können, bis der Gerechtigkeit genüge getan ist.“

Ankläger und Anwälte debattierten vor den Richtern teils hitzig über die Zulassung eines sieben Minuten langen Schwarz-Weiß-Films, den vietnamesische Soldaten kurz nach der Befreiung von Tuol Sleng gedreht hatten. Darauf waren noch an Gitter gekettete Leichen zu sehen, und Kinder, die sich verstört unter einem Haufen Lumpen versteckt hatten. Das Material war erst vor kurzem aufgetaucht.

Gräueltaten 30 Jahre ungesühnt

Die Verteidiger legten Einspruch gegen den Film als Beweisstück ein. Duchs Anwalt stellte die Echtheit des Materials infrage und sagte, der Antrag auf Zulassung als Beweismaterial sei „politisch motiviert“. „Man kann seine Schuld eingestehen so viel man will, aber trotzdem muss das Gericht die Schuld beweisen,“ erwiderte der Staatsanwalt verärgert. „Das geht nur, wenn alles Beweismaterial präsentiert wird.“


Der Prozess ist der Auftakt für mehrere geplante Verfahren. Gegen weitere vier Mitglieder aus dem Regime des „Bruder Nummer Eins“ genannten Pol Pot wird Anklage erhoben . Pol Pot starb 1998. Die Gräueltaten der Roten Khmer blieben 30 Jahre ungesühnt.

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