Sonntag, 26. Oktober 2008

Prassat Preah Vihear



Schusswechsel an der Grenze .

Mitte Oktober ist es an der kambodschanisch-thailändischen Grenze zu einem rund einstündigen Feuergefecht gekommen. Soldaten beider Länder - jahrhundertelang Erzfeinde in Südostasien - liegen sich dort seit Juli in Schussweite gegenüber und haben an drei Stellen mit Gewehren und leichter Artillerie aufeinander geschossen. Nach Angaben aus Bangkok und Phnom Penh sind dabei zwei kambodschanische Soldaten getötet und insgesamt neun verwundet worden. Sprecher in den Hauptstädten und an der Grenze beschuldigten jeweils die andere Seite, mit der Schießerei angefangen zu haben.

Die Anerkennung des Tempels Preah Vihear zum Weltkulturerbe durch die Unesco im hohen Norden Kambodschas und die damit wieder auf die Tagesordnung gelangten ungelösten Grenzfragen zwischen beiden Ländern hatten zu dem Konflikt geführt, der jetzt mit Waffengewalt ausgetragen worden ist. Beide Länder beanspruchen einen Grenzstreifen von rund fünf Quadratkilometern in unmittelbarer Nähe des Tempels für sich. Im Jahre 1962 hatte der Internationale Gerichtshof in Den Haag den Tempel von Preah Vihear Kambodscha zugesprochen. Grundlage des damaligen Entscheids war eine von den Franzosen Anfang des 20. Jahrhunderts erstellte Landkarte. Auch die Unesco bezog sich bei ihrem Entschluss auf diese Landkarte. Eine eindeutige Markierung der Grenze zwischen den ASEAN-Nachbarn fehlt bis heute.

Bangkok verlautbarte, man halte Flugzeuge abflugbereit, um thailändische Staatsbürger aus Kambodscha zu evakuieren. "Unsere Geschäftsleute, die jetzt nicht unbedingt in Kambodscha sein müssen, sind hiermit aufgefordert, rasch nach Thailand zurückzukehren", meldete sich der thailändische Außenminister besorgt zu Wort. Nach Schätzungen leben rund 1500 Thailänder in Kambodscha.

Hier schlägt die thailändische Regierung einen ähnlichen Kurs wie vor fünf Jahren ein. Damals, Ende Januar 2003, nach einer unbedachten Äußerung einer thailändischen Schauspielerin, dass Angkor Wat doch eigentlich zu Thailand gehöre, kochte in Phnom Penh die Volksseele. Ein aufgebrachter Mob randalierte in den Straßen und zündete thailändische Geschäfte und die Botschaft an. Erst eine finanzielle Entschädigung von offizieller Seite in Phnom Penh brachte die Gemüter wieder zur Ruhe.

Vermutlich um nicht wieder ins Portemonnaie greifen zu müssen und um eine Wiederholung der Vorgänge von vor fünf Jahren zu verhindern, zog im Verlaufe des Abends Polizei an der thailändischen Botschaft auf, welche direkt gegenüber dem kambodschanischen Innenministerium und neben der japanischen Botschaft an einem sehr belebten Boulevard in der Innenstadt liegt. In der Nacht wurden dann keine Vorfälle gemeldet.

Der kurze Schusswechsel am Mittwoch folgte einem Ultimatum des kambodschanischen Premierministers Hun Sen, immer wieder ein Freund starker Worte. Bis 12 Uhr, trompetete Hun Sen auf einer Veranstaltung in Phnom Penh, hätten rund 80 thailändische Soldaten gefälligst von einem Stück kambodschanischen Territoriums zu verschwinden. "Wir werden unter keinen Umständen thailändische Truppen in dieser Gegend dulden", sagte er und fügte martialisch hinzu: "Es ist eine Kampfzone, und es geht um Leben und Tod". Beim Ablauf des Ultimatums berichteten kambodschanische Quellen triumphierend von einem stillen Rückzug der Thais, während Bangkok keine Truppenbewegungen zugeben wollte.

Das Feuergefecht war nicht die erste gewalttätige Auseinandersetzung in diesem Jahr. Bei einem Schusswechsel Anfang Oktober wurden drei Soldaten beider Länder verwundet. Kurz darauf traten zwei thailändische Soldaten auf eine Landmine und wurden schwer verletzt. Das Gebiet an der Grenze, bis 1998 umkämpftes Rückzugsgebiet der Roten Khmer, ist noch immer stark vermint.

Sollte es zu weiteren Kampfhandlungen kommen, sind die Kräfteverhältnisse klar. Thailand verfügt über eine gut ausgerüstete und ausgebildete Armee von rund 300 000 Mann, amerikanische Jets vom Typ F-16 und Kampfhubschrauber, dem Phnom Penh nicht viel entgegenzusetzen hat. Die kambodschanischen Soldaten besitzen allerdings eine hohe Kampfmoral. Viele von ihnen sind über Jahrzehnte im Guerillakrieg geübt. Offiziere und Soldaten der heutigen "Royal Cambodian Armed Forces" sind vielfach ehemalige Kämpfer der Roten Khmer gewesen. Besorgnis erregt das laute Geschrei einiger Kriegstreiber in Kambodscha, welches bei vielen Kambodschanern auf Wohlwollen stößt und eine unreflektierte, stellenweise beängstigende nationalistische Grundstimmung entfacht.

Langsam scheint sich die Lage wieder zu beruhigen. So meldet die deutsche Botschaft in Phnom Penh, dass "es keine Hinweise auf eine Gefahrenlage außerhalb der grenznahen Konfliktregion gibt". Die Waffen schweigen zwar, der Konflikt zwischen den beiden südostasiatischen Nachbarn schwelt jedoch weiter.


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Khmer Song für Thailand :)